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Naseputzen

12.09.2005

Am Wochenende war also dieses Betriebsfest; gutes Wetter, ein zwölfstündiger Biermarathon, Lagerfeuer, fett gegrillt und überhaupt alles easy.

Die Hinfahrt verlief ganz reibungsfrei. Treu trug mich das Knatterschwein über 90 km leere Landstrassen in den tiefsten Osten der Republik, dorthin, wo man Polen sehen kann.

Das war mal sehr schön ostalgisch.

Jedoch bereits auf der Hinfahrt merkte ich, dass das Schwein nicht wirklich auf sein volles Leistungssprektrum zugreifen mochte. Wohl lief es, brachte aber nach Ampeln und am Berg nicht die Beschleunigung, die ich sonst so kenne.

Das wunderte mich auch nicht weiter, denn mir war klar, dass der Auspuff mal wieder von schwarzem Schnotz würde entleert werden müssen. Ich hatte gehofft, dass ich mir das sparen könnte, indem ich mal ein paar zehn Kilometer mit Vollgas durchheize, alles trockenbrenne und es dann einfach hinten rausgepufft wird.

Aber dem war nicht so. Statt immer schneller, wurde das Schwein immer langsamer. Ich konnte aber nicht auf dem Betriebsfest den Auspuff saubermachen, denn ich hatte zwar Schaltklauen, Zündkerzen, Schrauben, Öle und Unmengen Werkzeug dabei - aber keine Waschpaste, und ohne die hätte ich meine Finger danach nicht ansatzweise saubergekriegt.

Also sprach ich ein Gebet und schwang mich zur Rückfahrt auf das Schwein mit seiner immer noch verstopften Nase. Ein paar Kilometer verreckte der Motor. Ich rollte auf eine Bushaltestelle und packte mein Werkzeug aus.

Während ich noch die Kerze besah, kam der erste Kollege vorbeigefahren, wünschte viel Glück und konnte nicht helfen. (Wie auch; ein Autofahrer hat ja idR nicht mal Werkzeug dabei.)

Da die Kerze ok war, liess ich noch ein paarmal den Kolben herumfluppern, aber auch das hörte sich gut an. Nachdem die Kerze wieder drin war und ich in einer Art rituellen Handlung den Vergaser draussen hatte, kam der zweite Kollege und konnte auch nicht helfen.

Im Vergaser war zwar kein nennenswerter Dreck; aber nachdem die Mischbatterie wieder eingebaut war, lief das Schwein wie zuvor. Etwas schwach auf der Brust, aber es lief.

Und wie schwach auf der Brust! Was hier in Berlin an Hügeln und Steigungen ist, da ballert der SR50 sonst ohne merklichen Drehzahlverlust im vierten hoch - und da musste ich dann auf einmal im dritten an den Hang und dann immer noch runterschalten.

Auf gerader Strecke hat er noch so seine 50...55 gemacht (laut Tacho), und sich vor allem wie ein Plasteroller angehört; voll schwul irgendwie.

Zum Glück bin ich gut nach Hause gekommen. 90 km auf dem Bock sind so schon nicht ganz ohne, und dann noch mit diesem Schwäche-Stress ... aber gut gefahren. WIE gut, das sollte ich gleich merken:

Nämlich hoch, einen rauchen und wieder runter, dem Schwein den Rüssel ausputzen.

So eine Sauerei! Das hintere Rohr vom Endschalldämpfer war komplett dicht: Offenbar hatte sich der Dreck wirklich trockengebrannt und losgepustet - meiner Erwartung entsprechend - und war dann aber erwartungswidrig nicht hinten rausgeflogen, sondern hinten steckengeblieben.

Ein Wunder, dass es damit überhaupt noch gefahren ist.

*kratz*stocher*schab*bohr*

Nachdem ich eine Unmenge schwarzer Krümel aus dem verwinkelten Innenleben des Auspuffs entsorgt hatte, steckte ich das Gerät wieder zusammen. Eine halbe Stunde später hatte ich auch die enorm garstigen Ständerfedern wieder eingehängt, die die Krümmermutter zusätzlich halten. Mühsam war das trotz der guten 300er Knipex, denn nach dieser Nacht konnte auch ich nicht mehr auf mein volles Leistungsspektrum zugreifen.

Doch welch eine Freude war die anschliessende Probefahrt! Laut knattert das Schwein durch seinen freien Rüssel, und zieht nun wieder ohne Ende.

Wer den Auspuff nicht sowieso öfter saubermacht und sich fragt, wie man so ein Moped mit wenig Aufwand schneller und ziehfreudiger machen kann, der sollte sich damit mal beschäftigen. Wirklich traumhaft.