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Morgenstund hat Öl im Mund

04.08.2005

Grundsätzlich kann ich mich über den Wartungsaufwand am Knatterschwein nicht beschweren: Erstens ist er in meinen Augen erträglich, und zweitens macht er einen Teil der schweinischen Persönlichkeit aus, den ich nicht missen möchte. Es gibt kaum etwas befriedigenderes, als das Schwein mit Bordmitteln wieder zum Laufen gebracht zu haben.

Allerdings ist dieses erfolgreiche Gängigmachen keineswegs das einzige Kriterium, daran sich die Wartungsfreude bemisst.

Natürlich bei weitem nicht so entscheidend, aber doch durchaus bemerkenswert ist dabei auch der Faktor Zeit. Dabei gar nicht einmal die Zeit, die ich für die Schrauberei brauche: Sondern die Tageszeit, darin diese stattfindet.

Ideal ist es zB am Sonntagmorgen auf der Fahrt zum Zeitungholen: Sonnenschein, leere Strassen, keine Leute und ich habe den ganzen Tag vor mir und kann mir Zeit lassen, soviel ich will. Meinetwegen auch unter der Woche auf dem Heimweg, wenn ich auf Arbeit nicht viel Stress hatte und es nicht gerade in Klein-Istanbul in der Badstrasse geschieht, wo hunderttausend mitteilsame Türken auf kommentierbare Vorfälle warten.

Das geht also alles noch.

Viel kritischer - zeitkritischer - wird es dagegen um viertel sechs morgens auf dem Weg ins Büro. Zumal wenn nicht etwa die Sonne unter einem marine-violett-azurblauen Himmel aufgeht und selbst die beschissensten Müllhaufen in goldenes Licht taucht: Sondern wenn der Regen gerade aufgehört hat (immerhin!), alles nass und der Himmel grau verhangen ist.

In genau der Lage gings heute früh also los - zunächst harmlos, um mich in Sicherheit zu wiegen: Geht der Motor aus und springt beim Umschalten auf Reserve aber wieder an: Kein Sprit, und das 100 Meter vor der Tanke. Besser gehts kaum. Also führe ich das Schwein an die Tränke, lasse es saufen, zahle seine Zeche und will weiterfahren. Jedoch konnte ich soviel auf dem Kickstarter herumspringen, wie ich wollte - das Schwein wollte nicht.

Also gut, muss ich es eben anschieben. Mach ich sowieso lieber, weils das Getriebe nicht so belastet; es sieht nur immer etwas verzweifelt aus. Das störte mich aber um die Uhrzeit noch nicht, mangels ausreichendem Publikum. Indes bewirkte es auch nichts, ausser dass ich nach so ca 200m nach Luft japste und in meinem Regenkombi inwendig durchnässt war. Boah, sowas mag ich ja. Am frühen Morgen, noch vor Frühstück, Kaffee und Kippe.

Kerze? Sitzt, ist tadellos rehbraun und nach 200m Anschieben natürlich etwas ölig, aber kein Hinderungsgrund. Bin schon mit schlimmeren gefahren. Sprit hatten wir ja nun gerade nachgegossen, der Zylinder flupperte fröhlich durch die Laufbuchse und von der einen verstopften Auspuff ankündigenden Heiserkeit war nichts zu spüren gewesen.

Bleibt der übliche Kollege Vergaser. Ich hatte zwar neulich den neuen Sprithahn eingebaut - aber bei der Gelegenheit natürlich nicht nochmal die Schwimmerkammer von allem gesäubert, das kein Benzin ist. Also raus, auf, und siehe: Dicke Wassertropfen aalten sich etc. Hinfort mit euch!


Der Zylinder mit den Stehbolzen (7)
Meine Euphorie hielt sich in Grenzen, denn ich wusste, dass mit jedem Vergaser-Einbau der Moment näherrückte, da sich der linke Stehbolzen vom Zylinder lösen und ich verdammt dumm dastehen würde. Und, tatsächlich! Als ob ich nicht schon genug wertvolle Morgenstund vertrödelt hätte, ist dieses Mistding inzwischen so locker, dass ich ihn mit der Hand hin- und herdrehen konnte. Super.

Also mit der 250er KNIPEX Cobra das Teil solange reingedreht, bis es am andern Ende wieder rauskam. Sechser Mutter drauf, sitzt. Vergaser wieder fest, Gas, Schock, Benzin festmachen, schlüsselrum und reingetreten: Röpplöpplöpp, läuft.

Während der halbstündigen Fummelei - vor allem der blöde Stehbolzen hat gekostet - wurde ich etwas genervt durch das Wissen, dass mit jeder weiteren Verzögerung die Strassen immer voller würden. So brauchte ich danach eine Weile, um zu merken, wie sauber ich trotz alledem durchkam und der HERR mir zum Ausgleich geradezu den Weg freistiess: Niemand versuchte, mich umzubringen und alle, die mich herablassend überholten, verrannten sich danach in entwürdigenden Abbiegerspuren und durften mein schönes rundes Rücklicht begucken.

War das schön. Nur der Regenkombi nervt, wenns nicht regnet: Weil dann wird man trotzdem nass. Und ich finde, Schweiss ist eine unangenehmere Nässe als Regen.

Aber laut Wetterbericht solls heute nachmittag schauern, vieleicht brauch ich ihn dann ja und hab wieder meinen Ausgleich.

+++

Jetzt hab ich erstemal ölfleckige Finger, aber die zählen unter Orden und Ehrenzeichen. Können sie froh sein, dass ich den Vergaser am Strassenrand saubergemacht hab, und nicht auf meinem Schreibtisch.