Dafür mögen wir es so
27.10.2004
(Kann es sein, dass diese Knatterschwein-Geschichten alle gleich beginnen? Jedenfalls glaube ich mich zu erinnern, sowas in der Art schon öfter geschrieben zu haben. Aber da müssen Sie durch, bzw können es wenn Sie Lust haben. Ich kann ja am Strassenrand auch nicht einfach sagen: "Ach nee, nich schon wieder ölige Finger, ich klick mal lieber woanders hin.")
Also, jetzt aber den mit Spannung erwarteten üblichen ersten Satz:
Gestern an der Ampel Holzmarktstr/Ecke Schillingbrücke verreckt mir das Knatterschwein. Einfach so, ohne Stottern und sonstige Vorwarnungen: Angehalten, Gang raus und BLÖP - war er aus. Und das keine Stunde, nachdem ich den Tank bis zum Stehkragen mit dem feinsten Super-Gemisch vollgegossen hatte; und keine Woche, nachdem ich den Vergaser bis auf die letzte 35er Düse sehr gereinigt und entkeimt hatte. Die beliebtesten Ursachen - zuwenig Sprit oder zuviel Dreck - schieden mithin aus. Scheisse.
Danächst die Kerze. Fühlte sich auch nicht so an - meist läuft er unregelmässiger vorm Anhalten, wenn da irgendwas ist - und sah auch nicht so aus; rehbraun, 0,4 mm Abstand etc, alles easy. Immerhin, wenigstens habe ich mir anständig die Finger am Zylinderkopf verbrannt.
Ja scheisse, ne? Wenn alles funktioniert und in Ordnung ist und die Karre trotzdem nicht fährt! Ein bisschen lief sie ja - mit Gas und Schock bis zum Anschlag, aber sobald man auch nur eins davon etwas nachgab, soff sie ab.
Im Vergaser selbst hatte ich in meiner Ratlosigkeit denn doch nochmal nachgeschaut, weil es mir keine andere Ursache in den Kopf wollte - aber da war kein Dreck drin. Ich hätte eben nicht nur gucken sollen; aber das wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Furchtbar war es zunächst, mit dieser Konstellation die restlichen Kilometer nach Hause zu fahren - denn auch die Ampelstopps erfordern Vollgas, um den Motor nicht ausgehen zu lassen. Und ich erwecke einfach nicht gern den Eindruck, ein skrupelloser Proll sein, der sein Fahrzeug nicht beherrscht und keinen Wert legt auf die Hörstürze seiner Mitmenschen.
Na, aber nach Hause gekommen; das ist ja schon immer die halbe Miete. Dort barg ich erneut den Kraftstoff-Luft-Mischer und trug ihn nach oben, um ihn mir mit sauberen Fingern und sauberen Lappen nochmal in Ruhe vorzunehmen. Wie ich die Hauptdüse zerlegen will - denn die Notwendigkeit für viel Schock bedeutet eigentlich nichts anderes als: Hauptdüse dicht - da kommt sie mir fast entgegen: Die eigentlich fest angeschraubt sein sollende.
Ich hatte sie vorige Woche nicht anständig festgezogen, und jetzt hatte sie sich etwas rausgewackelt und zog Nebenluft; das Fahrverhalten wurde mir im Nachhinein auf einmal sehr plausibel.
Mit dem Zusammen- und Einbau des guten Stücks wartete ich etwas, so dass ich schon recht zerstreut war auf den Abend dabei. Nun sind da nur drei Schrauben festzuziehen beim Einbauen des Vergasers - an zweien ist er fest und die dritte ist vom Schock. Natürlich war ich durch den späten Abend sehr vergesslich geworden und staunte aber selbst, dass ich zum Festziehen dreier Schrauben zweimal die Motorabdeckung runter- und wieder drauftat.
Das dritte Mal war dann nach dem ersten Startversuch, zwecks welchem ich bereits im Hausflur den Benzinhahn aufdrehte; und bemerken musste, dass die Benzinleitung noch nicht wieder am Vergaser steckte. Erst denken Sie, da pinkelt doch schon wieder jemand in die Ecke; aber dann rufen Sie SCHEISSE!, weil diesmal ihr eigenes Schwein nicht ganz dicht ist.
Sonst riecht es im Haus nach den Ausscheidungen von Alkis und Meerschweinen, nach der verwesenden Frau K. im zweiten Stock sowie nach Schnaps oder Bier, wenn mal einem eins runtergefallen ist. Der intensive Duft nach Aral Ultimate 100 mit dem guten Castrol Super-TT kann insofern nur eine Verbesserung sein, zumal wir jetzt dank meiner Wartungsarbeiten bereits den dritten hellen Fleck im Hausflur haben.
Jedoch werde ich kaum den ganzen Hausflur auf die Weise sauberkriegen, da die Fliesen solche Riffeln haben und es keine angenehme Arbeit ist, dort einen Fleck hinzuputzen, den man auch nach zwei Wochen noch deutlich sieht.
+++
Und was war das jetzt, wofür wir es so mögen? Wenn es wieder mal nichts als Dreck und Arbeit gemacht hat? Ganz einfach - es ist die fein abgestimmte Melange aus Spiel, Spannung und was aus Schokolade: Das Spiel, ohne überlegenen Motor dennoch schneller vorwärtszukommen. Die Spannung, woran es nun wieder liegt, ob man das Problem am Strassenrand gerichtet kriegt bzw ob man vielleicht trotzdem nach Hause kommt. Und die Schokolade, dass alle Probleme lösbar sind und das Schwein jetzt wieder fein fährt. Und zwar mich fährt, nachdem ich es gerichtet habe. Das ist so schön konsistent.
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